Vom vermeintlichen Himmelskomiker zum Prädikanten

Jörg Zimmer wurde am 20. März 2022 in der Ev. Stadtkirche Moers von Superintendent Wolfram Syben ordiniert

[Kirchenkreis Moers] Bei einigen kam es gut an, andere verspotteten ihn als Himmelkomiker: Als Jörg Zimmer in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre seinen Wehrdienst bei der Luftwaffe in Münster absolvierte, waren dort beide Pfarrstellen vakant. Kurzerhand zündete er morgens in der Kapelle Kerzen an, hielt Andachten und lud zu einem Bibelkreis ein. 1987 diskutierte er beim Kirchentag in Frankfurt als Soldat in Uniform am Stand der Bundeswehr mit Besuchern darüber, wie Waffen und Christentum zusammenpassen. „Das waren spannende Diskussionen“, erinnert er sich. „Von Gott und seinem Wort zu sprechen und was der Glaube vermag, war mir schon damals wichtig, eigentlich wollte ich im Anschluss Theologie studieren.“

Zuvor allerdings musste er dazu das Abendgymnasium besuchen. Tagsüber arbeitete Jörg Zimmer bei der evangelischen Kirchengemeinde Moers. „Ich habe mit der Gemeindeschwester morgens ältere Menschen gewaschen und gekämmt. Danach ging es in die Gemeindeküche an der Haagstraße wo täglich für über 100 Menschen gekocht wurde“, sagt er. Gemeinsam mit einem Zivildienstleistenden war Jörg Zimmer dafür zuständig, dass das Essen zu den Menschen in die Wohnungen im gesamten Stadtgebiet kam, Essen auf Rädern. Jörg Zimmer: „Das war eine wunderschöne Zeit und eine wichtige Aufgabe.“ Viele der Senioren lebten allein und hatten tagsüber keinen anderen Besuch.

Dennoch studierte er schließlich nicht Theologie, sondern Germanistik, italienische Literatur und Pädagogik, war Dramaturg am Landestheater Burghofbühne, wurde Journalist bei einer großen rheinischen Tageszeitung und folgte im Jahr 1999 schließlich der Einladung der Sparkasse am Niederrhein, als ihr Pressesprecher zu arbeiten. Der Kirche jedoch blieb er verbunden. Jörg Zimmer sagt: „Ich bin nach wie vor um die Kirche rumgeschlichen.“ Als Presbyter an der Salvatorkirche in Duisburg, seiner ursprünglichen Heimatgemeinde, und später auch in der Kirchengemeinde Moers gestaltete er als Ehrenamtlicher das Gemeindeleben mit.

Ein Rat von Pfarrer Hans-Wilhelm Fricke-Hein brachte 2016 den entscheidenden Impuls. Er hatte Jörg Zimmer auf die Prädikantenzurüstung der Rheinischen Landeskirche hingewiesen. Das Presbyterium empfahl ihn für die Ausbildung und im Januar 2019 ging es nach langer Wartezeit los. „Aktuell tun rund 1000 Prädikanten in der Landeskirche Dienst und die Warteliste für die Zurüstung ist lang“, berichtet Jörg Zimmer. Prädikanten arbeiten ehrenamtlich, verkünden das Wort Gottes in Gottesdiensten, taufen Kinder, trauen Liebende, beerdigen Verstorbene sprechen als Seelsorger mit Hinterbliebenen.

In Seminaren an Wochenenden und in Urlauben legte Jörg Zimmer während der vergangenen mehr als drei Jahre Texte der Bibel aus, lernte, dass es so etwas wie liturgische Präsenz gibt und übte, wie man eine Predigt schreibt und hält. Im Praxisteil der Ausbildung predigte, taufte und beerdigte er in Begleitung seiner beiden Mentoren der Gemeinde in Moers, aber auch in Schwafheim, Kapellen und Baerl. Wegen der Pandemie verzögerte sich der Abschluss um ein Jahr, geschenkte Zeit für den 56-Jährigen, noch mehr zu lernen.

Mit seiner Ordination erlebte Jörg Zimmer jetzt den feierlichen Abschluss seiner Ausbildung. Wolfram Syben, Superintendent des Kirchenkreises Moers, sprach ihm im Gottesdienst in der Stadtkirche den Segen für seine neue Aufgabe zu und beauftragte ihn zu seinem Dienst. Künftig werden ihn die Besucherinnen und Besucher der Gottesdienste in Moers, Schwafheim und Kapellen von Zeit zu Zeit predigen hören können. Und im Mai wird er das erste Mal ein Brautpaar trauen. „Ich bin froh, dass ich die Ausbildung gemacht habe“, sagt er. Und dass sie jetzt ein Ende gefunden hat, ist auch passend: „Ich bin endlich in den letzten Zügen meiner Dissertation zur Bedeutung von Sprichwörtern in Martin Luthers Ringen um ein allgemein verständliches Deutsch.“

  • 31.3.2022
  • Pressereferat Kirchenkreis Moers
  • Red