Stolpersteine in Krefeld verlegt

Drei Stolpersteine im Bürgersteig erinnern jetzt die vorbeigehenden Passanten im Bismarckviertel: Hier lebte eine jüdische Familie, die von den Nazis vertrieben wurde. Es – Gott sei Dank – gerade noch geschafft hat, 1939 nach USA zu emigrieren. Selma und Oskar Gompertz mit ihrem 11jährigen Sohn Rolf.

Ein Wunder, da war sich Rolf Gompertz sicher. Und es ist eines von vielen, die er in seinem Leben als solche beschrieb. Viele Jahre wollte er nichts mehr mit Deutschland zu tun haben, bis er von einem Briefwechsel hörte zwischen Schülerinnen aus Krefeld und Überlebenden des Holocausts, angeregt durch Renate Starck, damals Lehrerin am Gymnasium am Moltkeplatz. Aus seinen Glauben heraus war es ihm möglich in Kontakt zu treten, die Einladung nach Krefeld im Jahr 1987 anzunehmen. Ein Jahr später kam er erneut in die Stadt. „Wir können nicht vergeben, müssen nicht vergessen, aber wir können verwandeln“, sagte Rolf Gompertz in seiner Rede am 50igsten Jahrestag der Reichpogromnacht 1988. „Wir können, wir sollten und wir müssen die Vergangenheit verwandeln um des Lebens willen. Das ist unser Triumph.“ Viele Jahrzehnte seines Lebens setzte er sich ein für Versöhnung und sprach als Zeitzeuge im Museum of Tolerance in Los Angeles. 2011 stellte er sein Buch „Jesus, mein jüdischer Bruder“ in mehreren Autorenlesungen vor, das durch Vermittlung von Pfarrer Kai Schäfer, lange am Berufskolleg Uerdingen,  ins Deutsche übersetzt wurde. 2022 starb Rolf in Ventura, kurz vor seinem 95igsten Geburtstag.

Ron, der älteste Sohn von Rolf und dessen Frau Carol, führt seit einigen Jahren das Vermächtnis seines Vaters fort, Schüler über den Holocaust zu unterrichten, als Mitglied des Seattle (Washington) Holocaust Center for Humanity Speakers Bureau. In der Geburtsstadt seines Vaters hielt er jetzt ebenfalls Vorträge für Schüler*innen an der Bischöflichen-Maria-Montessori-Gesamtschule und der Gesamtschule am Kaiserplatz, organisiert und geplant durch die Villa Merländer – ebenso wie die Verlegung der Stolpersteine. 25 Schülerinnen und Schüler der Montessori-Schule begleiteten die Stolperstein-Verlegung vor dem ehemaligen Wohnhaus in der Bismarckstraße. Sie und ihre Lehrer*innen hatten sich im Vorfeld mit der Geschichte vertraut gemacht und stellten das Leben von Rolf und seinen Eltern mündlich vor. Mitarbeiter des Kommunalbetriebs Krefeld verlegten die drei Steine. Fabian Schmitz, Mitarbeiter der Villa Merländer, moderierte.

Es war eine sehr bewegende Stolperstein-Verlegung mit vielen Freunden und Bekannten der Familie Gompertz seit Jahrzehnten. Auf diese Kontakte nahm auch Superintendentin Dr. Barbara Schwahn in ihrer Ansprache Bezug. Sie hob den Zusammenhang der Stolperstein-Verlegung mit der Demo gegen Rechts Anfang Februar in Krefeld hervor, bei der so viele Menschen teilgenommen haben. „Wir hatten da ein Banner und Schilder, auf denen steht „#niewiederistjetzt“, sagte Schwahn. Als Stolperstein-Verlegungen losgingen, hat man gesagt, es ist wichtig, damit so etwas nie wieder passiert. Man hat sich nicht vorstellen können, dass Menschen wieder wegen ihrer Religion, ihres Aussehens oder ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe bekämpft werden würden, ausgemustert werden könnten. „Deswegen finde ich das umso wichtiger, gerade in der heutigen Zeit, dass so etwas wie diese Stolperstein-Verlegung passiert, so Superintendentin Schwahn, „damit wir mit allen Mitteln dagegen arbeiten, dass Menschen unterdrückt werden. Denn jeder Mensch hat ein Recht zu leben. Und alle Krefelder, die hier leben, haben das gleiche Recht, egal, was sie glauben.“ Deshalb war es Dr. Schwahn ein besonderes Anliegen bei dieser Verlegung dabei zu sein: „#niewiederistjetzt braucht unseren Einsatz, gerade jetzt in dieser Zeit!“

Ron Gompertz war sehr berührt von seinem Besuch in Krefeld, der Verlegung, den Treffen vieler langjähriger Freunde seines Vaters / seiner Eltern und inzwischen seine Freunde.  treffen konnte, dass die Besitzer (seit 1970) des Hauses ihn einluden, sich das Haus, das ein Teil der Geschichte seines Vaters ist, von innen anzuschauen. „Bloom the World“ sei der Auftrag seines Vaters gewesen, dort wo Du stehst, mache das Beste daraus. Bring die Welt zum Erblühen! Das betonte Ron noch einmal in seinem Vortrag am Abend der Verlegung in der Villa Merländer. Und genau diesen Auftrag setzt er auch selbst um, in dem er mit Jugendlichen spricht, ihnen erzählt vom Holocaust, den Erlebnissen seines Vaters, um aus Geschichte zu lernen. 2025 möchte er erneut nach Krefeld kommen und in Schulen sprechen.

 

 

 

  • 13.3.2024
  • Bettina Furchheim
  • Bettina Furchheim