Zuhause in Neuss und Israel

Das Ehepaar Naomi und Arieh Naor aus Israel feiert seine Goldene Hochzeit in Neuss mit dem gleichen Menü, das schon für die Ur-Großeltern gekocht wurde.

Königin-Suppe, Ostender Steinbutt, Roastbeef nach Blumenmädchenart, Brüsseler Poularden und Viktoria-Eisbombe – Zu diesem Menü luden Leonhard Cohn und seine Frau Clothilde, geborene Cahn, am 28. Juni 1931 anlässlich ihrer Goldenen Hochzeit ihre Gäste in Neuss ein. Das gleiche Menü wird in diesem Jahr wieder aufgetischt: Arieh Naor, Ur-Enkel von Leonhard und Clothilde Cohn, und seine Frau Naomi feiern ihre Goldene Hochzeit in der Heimatstadt der Ur-Großeltern. Dazu sind sie selbst aus Israel angereist und haben auch ihre Familie nach Neuss eingeladen. Er lebe in Israel, empfinde aber auch Neuss als Heimat, erklärt Arieh Naor. Diese Verbundenheit gibt Anlass zur Dankbarkeit, denn sie ist keineswegs selbstverständlich. Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig weisen in Neuss auf das Schicksal der jüdischen Familie Cohn hin.

Leonhard Cohn wurde am 23. Dezember 1855 in Neuss geboren. Der Maler- und Anstreichermeister mit eigenem Betrieb war gleichzeitig als Glaser und Kolonialwarenhändler tätig.  In Neuss fest verwurzelt war er Gründungsmitglied des Neusser Männergesangvereins „Eintracht“. Am 28. Juni 1881 heiratete er Clothilde Cahn aus Eschwege in Hessen. Das Ehepaar hatte vier Kinder: Paula, Olga, Elisa und Erich. 1905 zog die Familie in das neugebaute Haus in der Sternstraße 98, vor dem sich heute die Stolpersteine befinden. Clothilde Cohn starb ein halbes Jahr nach der Machtergreifung der Nazis im August 1933 in Neuss. Ihr Mann Leonhard wurde 1942 aus dem Altenheim der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er am 11. Mai 1943 starb. Seine beiden Töchter Paula und Elisa waren bereits 1941 ins Ghetto Minsk verschleppt und 1943 in Maly Trostinez ermordet worden. Paulas Tochter Ilse war die Flucht über Dänemark in das britische Mandatsgebiet Palästina gelungen.

Auch Olga und Erich Cohn überlebten den nationalsozialistischen Terror. Sie waren in die USA ausgewandert.

Ilse lebte bis zu ihrem Tod 1969 in Israel und brachte dort zwei Söhne zur Welt: Avraham und Leonard Arieh.

Naomi und Arieh Naor sind Ehrenmitglieder der Neusser Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Sie nahmen anlässlich ihres Besuchs auch am Israelsonntag in der Neusser Christuskirche teil. Am 15. August 2023 feierten sie mit Kindern und Enkeln ihre Goldene Hochzeit in Neuss. Ganz wie Leonhard und Clothilde Cohn mit Roastbeef nach Blumenmädchenart und Viktoria-Eisbombe.

  • 16.8.2023
  • Angela Rietdorf
  • Ralf Laubert