„Freude an der Begegnung von Mensch zu Mensch“

Krankenhausseelsorgerin Ute Dallmeier geht nach 34 Jahren in den Ruhestand.

An wie vielen Betten Ute Dallmeier im Laufe der vergangenen 34 Jahre gestanden hat, wie viele Lebensgeschichten sie gehört hat, mit wie vielen Angehörigen sie gesprochen, wie vielen Krankenhausmitarbeitenden sie zugehört hat – das lässt sich lässt sich nicht beziffern. Aber die Krankenhausseelsorgerin kann nach all diesen Jahren immer noch sagen: „Ich habe Freude an der Begegnung von Mensch zu Mensch. Und ich empfinde tiefe Dankbarkeit für das Vertrauen, das mir entgegengebracht wurde und für das Anvertrauen von Lebensgeschichten.“

Der Bereich der Krankenhausseelsorge hat Ute Dallmeier gepackt, seit sie zum ersten Mal damit in Berührung gekommen ist. „Es gab in Tübingen während des Studiums interdisziplinäre Angebote, die sich beispielsweise mit der Psychiatrie beschäftigten“, erzählt sie. „Später in Wuppertal habe ich während des Vikariats in der Frauenklinik gearbeitet.“ Diese Aufgabe hat sie fasziniert und so hat sie sich nur auf Krankenhauspfarrstellen beworben. Nach drei Jahren am Klinikum Leverkusen-Schlebusch wechselte sie nach Rheydt, wo sie das Elisabeth-Krankenhaus und die LVR-Klinik als Seelsorgerin betreute. Die Arbeit in der psychiatrischen Klinik hat sie als besonders berührend empfunden. Es habe viel Zeit für Gespräche gegeben, über Themen wie Schuld und Schuldvergebung, über essenzielle Fragen wie Identität, Lebenssinn oder Daseinsberechtigung. „Das waren sehr grundlegende Erfahrungen“, sagt sie. „Zu den Gottesdiensten haben alle etwas beigetragen, es war immer sehr emotional.“

1995 übernimmt sie die Krankenhausseelsorge im Ev. Krankenhaus Bethesda, wobei sie sich die Stelle mit ihrem Mann Pfarrer Ulrich Meihsner teilt. 2016 kommt die evangelische Krankenhausseelsorge im Neuwerker Krankenhaus hinzu. In den Jahren ihrer Arbeit hat sich viel verändert. Wurden zu Beginn beispielsweise Brustkrebspatientinnen noch durchschnittlich zwei bis drei Wochen im Krankenhaus behandelt, hat sich ihr stationärer Aufenthalt inzwischen auf zwei bis vier Tage verkürzt. Das macht die Kontaktaufnahme schwieriger. Dennoch gelingt es der Krankenhausseelsorgerin, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Durch den Krankenhausaufenthalt wird die Alltagsroutine unterbrochen, viele Gedanken beschäftigen die Patientinnen und Patienten. Da tut es gut, wenn jemand zuhört und dabei hilft, die Gedanken zu ordnen. Oder man gemeinsam ein Gebet spricht. Auch über das eigene Ende sprechen zu können, ohne die Familie zu belasten, kann sehr befreiend sein. Dennoch sind es nicht nur schwere Themen, die zur Sprache kommen. Ute Dallmeier hat auch schon Reibekuchen gebacken und mitgebracht, weil es ein dringender Wunsch einer Patientin war. Und sie hat auch Patientinnen und Patienten getauft, getraut oder beerdigt. „Greif nur hinein ins volle Menschenleben“, zitiert die Seelsorgerin – nach dem Umfang ihrer Aufgaben gefragt – Goethe.

Jetzt geht Ute Dallmeier nach 34 Jahren Krankenhausseelsorge in den Ruhestand. Was wird sie mit ihrer Zeit nun tun? „Ich gehe es gelassen an. Ich werde den Freiraum genießen, alles tun zu können, aber nichts zu müssen. Und auch die Rufbereitschaft hinter mir lassen zu können“, sagt sie.

  • 4.9.2023
  • Angela Rietdorf
  • Hermann Willers